Schule in Corona-Zeiten

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Ein Bericht von Mag. Philipp Brenner

 

Auf den Gängen herumtollende Kinder; Schüler, die vor Unterrichtsbeginn ihre Klassenkameraden umarmen oder, die Köpfe zusammengesteckt, den neusten Klatsch und Tratsch austauschen; Maturanten, die in Kleid oder Anzug zitternd auf den Beginn ihrer mündlichen Reifeprüfung warten – ein einst alltägliches Bild, das man heutzutage jedoch in keiner Schule mehr sieht.

Denn seit Corona ist alles anders, auch am BG/BRG Schwechat. Aufgrund des Shutdowns Mitte März bleiben Schüler wie Lehrer zuhause – unterrichtet wird wochenlang im sogenannten „Distance Learning“: Der Stoff wird über Moodle in verschiedener Form (Lernunterlagen und Erklärvideos etwa) zur Verfügung gestellt, die Kontaktaufnahme mit Schülern / Eltern / Lehrern erfolgt per „Untis Messenger“, per Mail oder telefonisch. Nach anfänglichen Schwierigkeiten auf beiden Seiten – Schüler, die nicht erreichbar sind oder ihre Online-Kurse nicht finden; Lehrer, die Probleme mit dem Hochladen der Aufgaben haben – funktioniert die neue Art des Lehrens und Lernens zunehmend.

Anfang Mai beginnt für die Maturanten ein dreiwöchiger Vorbereitungsunterricht auf die schriftliche Matura – zu diesem Zeitpunkt steht bereits fest, dass die mündliche Reifeprüfung ersatzlos gestrichen wird. Die Maturanote setzt sich heuer aus Abschlussprüfung und Jahresnote zusammen. Gekicher bei den Maturanten, begegnet man sich am Gang doch mit Schutzmaske. Nur im Klassenraum darf der Mund-Nasen-Schutz abgenommen werden.

Zwei Wochen später kommen auch wieder die Unterstufenschüler in ihre Schule – geteilt in zwei Gruppen, um eine Ausdünnung zu ermöglichen. Während der eine Teil von Montag bis Mittwoch unterrichtet wird, müssen die Schüler der Gruppe B erst Donnerstag und Freitag erscheinen; wöchentlich wird gewechselt. Das ergibt gerade einmal 14 Schultage für jede Gruppe von Mitte Mai bis Anfang Juli. Für Lehrer heißt das: Donnerstags und Freitag wird derselbe Stoff unterrichtet, den man mit der jeweils anderen Gruppe bereits zu Wochenbeginn durchgemacht hat. Regelmäßig, jedenfalls stündlich, wird gelüftet, Computertastatur und Maus müssen nach dem Gebrauch von der Lehrkraft mit Desinfektionsmittel abgewischt werden. Um die Ausdünnung auch im Konferenzzimmer zu ermöglichen, übersiedeln einige Lehrkräfte bis Schuljahresende in die Bibliothek.

Am 18. Mai, dem Neustart für die Unterstufenklassen, kontrolliert Direktor Heinz Lettner, ob alle Kinder ihre Maske tragen. Auch die Hände müssen desinfiziert (und sollten mehrmals täglich gewaschen) werden. Die Schüler erscheinen zwischen 7.15 Uhr und 7.45 Uhr und suchen sofort ihre Klasse (und nicht erst den Spind) auf, setzen sich dort auf ihren Platz und verlassen ihre Klasse auch in den Pausen nicht. Unterrichtet wird bis zum letzten Schultag – Enttäuschung bei den Kindern, dass die Alternativwoche (letzte Schulwoche) abgesagt werden muss: Ausflüge finden heuer keine mehr statt. Die Mitarbeiterinnen des Sekretariats sind neben etlichen anderen Aufgaben auch damit beschäftigt, das zum Teil bereits eingezahlte Geld zurückzubekommen.

Seit Anfang Juni sind nun auch die Oberstufenschüler wieder in der Schule, sie haben aufgrund der Gruppenteilung noch zehn Tage Schule. Mit ihnen fällt auch die Maskenpflicht, was zur Folge hat, dass mehrfach Regeln nicht mehr eingehalten werden: Das Lüften wird vergessen, Computertastaturen werden zum Teil nicht mehr desinfiziert. Lehrkräfte diskutieren mit ihren Schülern, die fremde Klassen aufsuchen und ihre Freunde umarmen. Ein häufiges Argument der Schüler: „Wozu müssen wir in der Schule Abstand halten? Am Nachmittag treffen wir uns doch auch!“

Nahezu täglich schickt die Schulärztin Kinder nachhause, die über Kopfweh, Halsweh oder Fieber klagen – eine reine Vorsichtsmaßnahme! Vereinzelt werden auch Schüler auf das Corona-Virus getestet. Einen Corona-Fall im BG/BRG Schwechat gibt es aber bisher nicht!

Geteilt in zwei Gruppen bleiben die Klassen bis Schuljahresende, selbst am Zeugnistag dürfen sich nicht alle rund 1.000 Schüler gleichzeitig im Gebäude aufhalten: Die Schüler der Gruppe A erhalten ihre Zeugnisse in der ersten, die der Gruppe B in der dritten Stunde.

Unmittelbar nach den Sommerferien blickt Mitte September BGInside, die Schülerzeitung des BG/BRG Schwechat, in einer Sonderausgabe auf diese recht turbulente und außergewöhnliche Situation zurück und beleuchtet verschiedene Aspekte zu diesem Thema: Neben einem großen Rückblick fragen wir bei Schülern und Lehrern nach, wie es ihnen während der Corona-Phase erging, außerdem erörtern zwei Maturanten, ob es, nach der diesjährigen Absage der mündlichen Matura, überhaupt noch eine Reifeprüfung braucht bzw. ob ein „normaler“ Schulunterricht, wie wir ihn bis vor Corona kannten, in dieser Form noch notwendig ist.

Wie der Unterricht ab September abgehalten wird, ist momentan noch unklar; viel hängt von den Infektionszahlen in Österreich ab, ob es im Herbst eine zweite Welle gibt oder ob die Corona-Krise überstanden ist. So außergewöhnlich die Situation war und immer noch ist, wurden in Österreichs Geschichte die Schulen aufgrund einer Pandemie bereits einmal geschlossen, nämlich 1918, während der Spanischen Grippe. Damals wurden anfangs nur all jene Klassen geschlossen, in denen mindestens 15 Prozent der Schüler infiziert waren, vom 21. Oktober bis 4. November waren dann schließlich alle Volks-, Bürger- und Mittelschulen zugesperrt.

Zum Autor:
Mag. Philipp Brenner unterrichtet am BG/BRG Schwechat Deutsch und Latein. Er ist Mitglied des Vereinsvorstandes des Club Ala Nova.